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Fakultät für Mathematik und Informatik

Nachhaltige Konzepte für Energie und Mobilität

15.03.2022

Professor Marco Pruckner erforscht, wie man Energie- und Mobilitätssysteme effizient gestalten und intelligent steuern kann. Mit seiner Expertise bereichert er den Studiengang „Informatik und Nachhaltigkeit“.

Marco Pruckner ist Experte für die Modellierung von Energie- und Mobilitätssystemen.
Marco Pruckner ist Experte für die Modellierung von Energie- und Mobilitätssystemen. (Bild: Robert Emmerich / Universität Würzburg)

Am 11. März 2011 wurde das Kernkraftwerk Fukushima in Japan von einem Tsunami getroffen und überschwemmt. Die Kühlung fiel aus. Es kam zur Kernschmelze, große Mengen von radioaktivem Material wurden freigesetzt und verseuchten die Umgebung.

Kurz nach Fukushima beschloss die Bundesregierung den Ausstieg Deutschlands aus der Kernenergie. In dieser Zeit begann Marco Pruckner mit seiner Doktorarbeit an der Universität Erlangen-Nürnberg: Er baute ein detailliertes Simulationsmodell für das bayerische Energiesystem auf. Dieses Thema – die Entwicklung von komplexen Simulationsmodellen zur Entscheidungsunterstützung für gesellschaftlich relevante Fragestellungen – sollte ihn nicht wieder loslassen.

Interdisziplinäre Forschung und Lehre

Komplexe Energie- und Mobilitätssysteme modellieren und simulieren, mit denen sich verschiedene Szenarien analysieren und hinsichtlich verschiedener Zielvorgaben bewerten lassen: Daran arbeitet der Wissenschaftler jetzt an der Universität Würzburg, als neuer Professor am Institut für Informatik.

Wichtig ist ihm die interdisziplinäre Zusammenarbeit, etwa mit Kolleginnen und Kollegen aus den Ingenieur- und Naturwissenschaften. Solche Kooperationen hat er auch in den sechs Jahren gepflegt, in denen er Juniorprofessor für Energieinformatik in Erlangen war.

Sein Arbeitsgebiet passt perfekt ins Lehrangebot des Bachelor-Studiengangs „Informatik und Nachhaltigkeit“, denn die Verknüpfung verschiedener Fachdisziplinen zeichnet auch seine Lehre aus. Schon in Erlangen öffnete er seine Kurse für verschiedenste Fachrichtungen, etwa für Informations- und Kommunikationstechnik, Energietechnik, Elektrotechnik oder Wirtschaftsinformatik.

Beispiele für Marco Pruckners Arbeit

Die folgenden Schwerpunkte kennzeichnen die Arbeit des neuen Professors: die Modellierung und Simulation von Energiesystemen auf verschiedenen Ebenen, die Entwicklung von KI-basierten Steuerungsstrategien für Energiesysteme, die Systemintegration der Elektromobilität sowie die Analyse und Bewertung nachhaltiger Mobilitätskonzepte. Dabei setzt er verschiedene Methoden ein, etwa diskrete Ereignissimulation, System Dynamics, gemischt-ganzzahlige lineare Programmierung oder Reinforcement Learning.

Marco Pruckner betrachtet beispielsweise Energiesysteme auf Haushaltsebene mit Photovoltaik auf dem Dach. Wann wäre hier ein Batteriespeicher sinnvoll? Was, wenn das Haus zusätzlich eine Wärmepumpe hat und die Familie zwei Elektroautos anschafft? Wie muss man dieses Gesamtsystem steuern, damit der elektrische Strom ökonomisch und ökologisch möglichst effizient verwendet wird – vor allem auch dann, wenn man das Haus als Teil einer Energiezelle mit vielen anderen Häusern betrachtet?

„Solche Szenarien können wir in unseren Simulationsumgebungen in vielfältiger Weise und sehr flexibel durchspielen“, sagt der Professor. Das exerziert er auch mit größeren Systemen durch, die etwa eine ganze Stadt oder ein ganzes Land umfassen.

In einem Projekt zum Beispiel hat Pruckner ein räumlich hochaufgelöstes Simulationsframework für das deutsche Energieversorgungssystem im europäischen Kontext entwickelt. Das Modell kommt auch zur Beantwortung aktueller Fragestellungen zum Einsatz, beispielsweise um die Auswirkungen von Millionen von Elektrofahrzeugen auf das Energiesystem sowohl regional als auch national bewerten zu können. Hierfür werden in seiner Arbeitsgruppe auch Modelle zur Nachbildung des Mobilitätsverhaltens und Algorithmen zur Steuerung der Ladevorgänge entwickelt. Ziel ist es dabei, zusätzliche Lastspitzen zu vermeiden und erneuerbar erzeugten Strom möglichst effizient in das Energiesystem zu integrieren.

Interessant für den ÖPNV und weitere Mobilitätsanbieter sind Pruckners Modelle für nachhaltige Mobilitätssysteme. Zunehmend fahren in Städten auch Elektro-Busse oder elektrische Carsharing-Fahrzeuge. Für den Fahrbetrieb ergeben sich durch die meist kürzeren Reichweiten und längeren Ladezeiten neue Herausforderungen, die bei der Gestaltung und Steuerung der Systeme berücksichtigt werden müssen.

Hierfür entwickelt Pruckner die entsprechenden Modelle. „Besonders interessant aus Modellierungssicht wird es, wenn diese Flotten weitere Energiesystemdienstleistungen wie zum Beispiel Primärregelleistung im virtuellen Verbund erbringen“, meint der Professor. Das mache eine gute Planung, Gestaltung und Steuerung dieser Systeme notwendig. Seine Arbeitsgruppe entwickelt die entsprechenden Simulationswerkzeuge und Algorithmen.

Werdegang des neuen Professors

Marco Pruckner, Jahrgang 1984, stammt aus Nürnberg. Nach dem Realschulabschluss absolvierte er bei der Siemens AG in Fürth eine Berufsausbildung zum Fachinformatiker mit der Fachrichtung Systemintegration. Während er die Berufsoberschule besuchte, entdeckte er seine Faszination für die Rationalität und Klarheit der Mathematik – kein Wunder also, dass er dieses Fach auch studierte, an der Universität Erlangen-Nürnberg, mit den Schwerpunkten Optimierung, Kryptographie und Wahrscheinlichkeitstheorie.

Nach dem Diplomabschluss wechselte er für seine Doktorarbeit Anfang 2012 in die Informatik, um an der Modellierung und Simulation von Energiesystemen zu forschen. Anfang 2016 wurde er in Erlangen Juniorprofessor für Energieinformatik. Von dort folgte er zum Februar 2022 dem Ruf auf die neu geschaffene Universitätsprofessur für Informatik (Modellierung und Simulation) in Würzburg.

Im internationalen Wissenschaftsbetrieb unterhält Marco Pruckner Kooperationen mit kanadischen Universitäten der Provinz Alberta, der University of California in Berkeley und der Kyoto University. Zudem ist er unter anderem als Gutachter tätig, zum Beispiel für die renommierten Fachjournale Applied Energy, Transportation Research und Journal of Cleaner Production.

Kontakt

Prof. Dr.-Ing. Marco Pruckner, Institut für Informatik, Universität Würzburg, T +49 931 31-89054, marco.pruckner@uni-wuerzburg.de